Verhör der Wildhund Bande im Chobe Nationalpark

Im Reisebericht über den Chobe Nationalpark habe ich dir erzählt,  dass wir Afrikanische Wildhunde (Lycaon pictus) beobachten konnten. Es war viel Glück dabei, die seltenen Rudeltiere live zu erleben. Eine ganz besondere Ehre war es, Zeugin eines Verhörs der Wildhund Bande zu sein:

 

Herr Alpha Wilddog, Ihnen und Ihren Geschwistern wird zur Last gelegt, dass Sie ein Impala getötet haben. Was haben Sie zu Ihrer Verteidigung vorzubringen?

Alpha Wilddog setzt seinen Unschuldsblick auf. Keine Ahnung, wie Sie auf diesen Vorwurf kommen. Wir haben mit dem Impala lediglich einen Wettlauf veranstaltet. Offensichtlich war es krank, denn es konnte mit unserem Tempo von 50 km/h nicht mithalten. Als es zusammengebrochen ist, haben wir es von seinem Leiden befreit. Beim Würgen durch einen Löwen hätte es einen qualvolleren Tod erlitten.

 

Und warum, Herr Alpha Wilddog, sind von dem Impala nur mehr die Knochen übrig?

Nachdem das arme Tier schon tot war, habe ich meine Familie zum Brunch eingeladen. Wir müssen auch von etwas leben. Anderenfalls hätten sich die Geier, Adler und Schakale die Beute geteilt. Es ist doch hoffentlich nicht verboten, ein totes Impala zu fressen? Herr Alpha Wilddog überzeugt mit bestürztem Gesichtsausdruck.

 

Gibt es Zeugen, die Ihre Aussagen bestätigen können, Herr Alpha Wilddog?

Selbstverständlich können Sie meine Geschwister befragen. Sie werden Ihnen meine Aussagen bestätigen. Jetzt huscht ein selbstsicheres Grinsen über das Gesicht von Alpha Wilddog. Ein paar meiner Familienmitglieder sind noch nachgekommen, die haben allerdings nicht miterlebt, wie das Impala zusammengebrochen ist.

Als nächstes wurde der Onkel von Alpha Wilddog befragt:

 

Herr Onkel Wilddog – wo waren Sie zur Tatzeit?

Leider bin ich vor zwei Wochen in eine dieser blöden Fallen getappt, die Ihre Artgenossen völlig unmotiviert in der Gegend aufstellen. Bis heute ziehe ich mein Bein noch hinter mir her. Mit kümmerlichen Blick fährt Onkel Wilddog fort. Früher war ich immer vorne mit dabei, wenn es um die Jagd – äh den Wettlauf mit Gazellen oder Zebras ging. Heute kann ich nicht mehr mithalten. So komme ich immer erst an, wenn schon alles vorbei ist.

 

Würden Sie Alpha Wilddog und seinen Geschwistern einen Mord zutrauen?

Jedes der Wilddog Geschwister ist so freundlich und zuvorkommend. Als es mir nach meinem Unfall mit der Falle so schlecht ging, haben sie mich nicht im Stich gelassen. Sie haben mich versorgt bis es mir wieder besser ging. Und auch heute noch darf ich mich zuerst  satt essen, obwohl ich gar nichts zum Festmahl beitragen kann. Glauben Sie wirklich, dass jemand, der so viel Gutes tut, mordet? Der verständnislose Blick von Onkel Wilddog zeigt, dass er den Verstand seines Gesprächspartners anzweifelt.

 

Lange hat es nicht gedauert, bis sich die ersten Anwärter für die Reste der Wildhund-Beute einfanden. Doch Wildhunde teilen nicht gerne. Deshalb wurden die Weißrückengeier, Adler und der Schakal verjagt. Ein kleines Stück vom Festschmaus konnten sich manche dennoch sichern.

 

Nun wurde die Frau von Herrn Alpha Wilddog befragt.

 

Frau Alpha Wilddog wo waren Sie zur Tatzeit?

Der nächste verständnislose Blick war die Antwort auf diese Frage. Ich habe hier 12 kleine Alpha Welpen zu versorgen. Und dann muss ich mich noch um die kleinen Bastarde von Beta Wilddog kümmern – was glauben Sie, was ich zur Tatzeit gemacht habe??? Ich war natürlich hier und habe die Umgebung im Auge behalten. Man weiß ja nie, wann der nächste Löwe eines meiner Kinder holen will. Die hässlichen Hyänen treiben sich auch ständig hier rum. Frau Alpha Wilddog wirkt ziemlich genervt.

 

Warum kümmern Sie sich um den Nachwuchs von Frau Beta?

In dieser Familie gibt es genau eine Frau, die Junge bekommt und groß zieht – das bin ICH! Mit einem verächtlichen Blick fügt Frau Alpha Wilddog hinzu: Beta soll froh sein, dass ihre Jungen noch leben.

Dazu musste Frau Beta Wilddog befragt werden:

 

Wir haben gehört, dass ihre Welpen von Frau Alpha Wilddog aufgezogen werden. Was sagen Sie dazu?

Ich bin so froh, dass sich Frau Alpha Wilddog um meine Minis kümmert. Nach den Rudelregeln hätte sie das Recht gehabt, diese zu töten. Ich habe ja gewußt, dass ich keine Jungen bekommen darf. Es war auch gar nicht meine Absicht – eigentlich hätte ich meine unfruchtbaren Tage gehabt! Beta Wilddog errötet leicht und wirft einen unterwürfigen Blick in Richtung Alpha. Als meine Welpen geboren wurden, war Alpha schon etwas verärgert. Doch sie ist so eine großherzige Leithündin und hat meine Kleinen adoptiert.

 

Während des Interviews bettelten die Alpha Juniors mit Winseln und treuherzigen Blicken um Futter. Die Wilddog Geschwister würgten ihnen Teile des verspeisten Impalas hoch. Es war entzückend zuzusehen, wie liebevoll sich alle Familienmitglieder um die Welpen kümmerten.

Nachdem es keine Beweise für einen Mord gab und weder Alpha Wilddog noch seinen Geschwistern etwas angelastet werden konnte, wurde das Verhör beendet:

 

Herr Alpha Wilddog, wo können wir Sie für Rückfragen erreichen?

Solange die Welpen noch klein sind, erreichen Sie uns unter folgender Adresse: Erdferkelbau Chobe Nationalpark 5, Botswana. Sobald sie 3 bis 4 Monate alt sind, werden wir unser Nomadenleben fortsetzen. Bis dahin werden Sie diesen Fall aufgrund mangelnder Beweise hoffentlich zu den Akten gelegt haben.

 

 

Mit einer Schulterhöhe von ca. 70 cm sind Afrikanische Wildhunde die größten wildlebenden Hunde. Mit einem weltweiten Bestand von geschätzten 5.000 Tieren sind sie leider sehr stark gefährdet. Waren die Wildhunde früher am gesamten afrikanischen Kontinent anzutreffen, gibt es heute nur mehr wenige überlebensfähige Populationen in Kenia, Tansania, Sambia, Simbabwe, Botswana und im Krüger Nationalpark. Bevor mehr über das außerordentlich harmonische Rudelleben bekannt wurde, hielt man die bemalten Wölfe für erbarmungslose Killer, die gnadenlos gejagt wurden. Heute sind vor allem aufgestellte Fallen, Staupe, Tollwut und der Rückgang des Lebensraumes die größten Feinde der bezaubernden Hunde mit den großen Ohren.

Mehr über die Afrikanischen Wildhunde erfährst du in dem Video „Besten Jäger der Savanne – Afrikas Wildhunde“.  Den Film kann ich dir allerdings nicht empfehlen, wenn du nah am Wasser gebaut bist – er ist sehr interessant, aber auch sehr traurig. Falls du dir das ersparen möchtest, kannst du viel über die Afrikanischen Wildhunde bei Markus Kappeler, Zoologe, nachlesen.

Obwohl mir die Beutetiere immer schrecklich leid tun, war die Beobachtung der Wildhunde beim Fressen des Impalas ein total spannendes Erlebnis. Keiner war dem anderen etwas zu neidig oder hat sich ungehalten gezeigt. Ganz im Gegenteil, zwei Hunde schauten sich immer um, während die anderen fraßen. Nach dem Fressen tollten sie noch ein wenig herum und ruhten sich aus. Leider konnten wir sie da nur mehr durch die Sträucher erahnen.

Hast du schon einmal Wildhunde erlebt? Wie ist es dir dabei gegangen?

 

8 Responses

  1. hundehalsband
    | Antworten

    Wir kennen zwar die Nationalparks aus Holland, treten aber erst diesen Sommer auch eine Reise nach Sambia an. Vielleicht besichtigen wir diesen Park. Es ist schon eindrucksvoll.

    LG Lia

  2. Terrassenüberdachung
    | Antworten

    Eine tolle Webseite, vor allem in den gemütlichen Winterzeiten ist es schön tolle Blogs zu entdecken. Wünsche jetzt schon frohe Weihnachten.

    Lieben Gruß Mia

  3. Marie
    | Antworten

    Liebe Andrea, ich hab’s nicht besonders mit Tieren, aber Dein Interview mit der Wildhundband habe ich Wort für Wort „genossen“! Du hast mit Deiner so großen Fantasie und Deinem ganz speziellen Einfühlungsvermögen die Tiere mit Deinen Worten zum Leben – und zugleich mein Interesse für sie erweckt! Meisterhaft! 🙂
    Liebe Grüße
    Marie

    PS: Finde ich Deinen Blogbeitrag auch auf Facebook, sodass ich ihn von dort aus teilen kann?

  4. Nicole Katharina
    | Antworten

    WOW was für schöne Bilder und auch ein richtig tolles Interview 🙂 Dankeschön.
    Ich wäre auf dich nicht aufmerksam geworden, hätte ich nicht nach Blogs gefragt, das freut mich.
    Liebe Grüße
    Nicole

    • naturfreundin
      | Antworten

      Vielen Dank, Nicole Katharina. Schön, wenn dir das Interview gefallen hat – und cool, dass du nach Blogs gefragt hast ;-).

      Liebe Grüße, Andrea

  5. Steffi
    | Antworten

    Sehr schöner, witziger und informativer Artikel! Leider habe ich noch nie Wildhunde beobachten könne, aber ist jetzt auf meiner Löffelliste!
    Liebe Grüße
    Steffi

    • naturfreundin
      | Antworten

      Vielen Dank, Steffi. Ich halte dir die Daumen, dass du bei deiner Wildhundbeobachtung genauso viel Glück hast, wie wir! Liebe Grüße, Andrea

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